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Ein Kurzartikel zur Frage, warum Parteien entbehrlich sind:

Die Grundübel der Parteiendemokratie

Was sind Parteien? Parteien sind Vereine. Dem Wesen nach sind sie politische Laienorganisationen. Ihr Ziel ist, den Staat lenken und Politik gestalten zu können – nicht Teile des Staates und nicht Teile der Politik, sondern den Staat als ganzen und Politik als ganze: sämtliche Politikressorts und sämtliche Staatsebenen, von der Kommunal- über die Landes- bis zur Bundespolitik und der Europapolitik. Sie verstehen sich also als allumfassend kompetente, politisch allwissende Staatslenkungsvereine, und so wollen sie auch von den Bürgern verstanden werden.

Der Anspruch, in allen politischen Problembereichen mit zeitgemäßer Lösungskompetenz aufwarten zu können, wird natürlich in dem Maße illusorischer, wie die politische Problemlandschaft als ganze – und wie auch die Politikfelder je für sich – komplizierter werden. Je mehr spezialisiertes Wissen in der Politik erforderlich ist, desto unglaubwürdiger werden Parteien, die Politik als ganze für die Bürger gestalten wollen. Politische Parteien, so unentbehrlich sie einmal gewesen sein mögen, sind daher in der modernen Gesellschaft schleichend zu Anachronismen geworden.
Die Parteien versuchen, dies vor den Bürgern u.a. durch Personalisierung und Ideologisierung von Sachfragen und Inszenierung publikumswirksamer Scheinkonflikte zu verbergen, aber dies kann nur für begrenzte Zeit gelingen.

Die Zeit, in der die Bürger den Parteien noch guten Gewissens die führende Rolle in der Politik als ganzer überlassen konnten, ist daher vorbei. An die Stelle von Parteien müssen früher oder später professionellere Organisationen treten, die sich über die Grenzen ihrer Problemlösungskompetenz im Klaren sind und dementsprechend nur für Teilbereiche der Politik Zuständigkeit beanspruchen.

In der bestehenden demokratischen Ordnung ist für solche Organisationen kein Platz. Die Überwindung des herkömmlichen Parteienstaates muss daher Hand in Hand gehen mit einer grundlegenden Reform der Demokratie als solcher, mit einem Übergang insbesondere zu neokratischen Staatsformen, wie sie auf den verbundenen websites www.reformforum-neopolis.de, www.neopolis.info und www.neokratieverfassung.de dargestellt sind.

Das Dilemma des Wählers in der Parteiendemokratie

Die von den politischen Parteien Enttäuschten sind vielleicht schon die Mehrheit. Genau weiß dies niemand. Es hängt natürlich davon ab, was man unter Enttäuschung versteht. Auf die Frage, ob sie wirklich von allen politischen Parteien enttäuscht sind, würden vielleicht die meisten noch mit Nein antworten. Fragte man anders, fragte man z.B., ob politische Parteien noch die großen politischen Probleme unserer Zeit beherrschen, wäre die Mehrheit der Antworten sicher skeptisch.

Was machen die Bürger aus dieser Skepsis? Als Wähler haben sie genau drei Alternativen. Sie können:

- nicht wählen
- zähneknirschend – als vermeintlich kleineres Übel – eine „normale“ Partei wählen
- eine sog. Protestpartei wählen, um ihre Skepsis wenigstens publik zu machen.

Keine dieser Alternativen hilft natürlich wirklich, keine macht irgendetwas wirklich besser.

Das Nichtwählen aus Enttäuschung wird nicht einmal als politische Meinungsäußerung wahrgenommen. Es ist nicht unterscheidbar vom Nichtwählen aus Bequemlichkeit, aus Gleichgültigkeit oder dumpfer Zufriedenheit. Dies macht es Parteien und Medien leicht, über die Enttäuschung von Nichtwählern achtlos hinwegzugehen. Das Nichtwählen bleibt aber auch deswegen wirkungslos, weil es für die Parteien keine Konsequenzen hat. Die politische Machtverteilung hängt von den Anteilen der abgegebenen Stimmen ab, nicht davon, wie viele Wahlberechtigte tatsächlich wählen. Den Parteien konnten daher die Nichtwähler bisher ziemlich egal sein.

Erst recht bleibt natürlich das zähneknirschende Wählen bedeutungslos. Der zähneknirschende Wähler ist so wenig unterscheidbar vom überzeugten wie der enttäuschte Nichtwähler vom gleichgültigen oder zufriedenen. Die Parteien können es sich daher leisten, die stillen Vorbehalte ihrer zähneknirschenden Wähler geflissentlich zu übersehen. Deren Wahlbeteiligung kann sogar die etablierten Parteien in der falschen Gewissheit wiegen, sie hätten weiterhin breiten Rückhalt bei den Bürgern. Damit aber untergräbt das zähneknirschende Wählen dringend notwendigen Veränderungsdruck auf Parteien und Parlamente.

Bleibt die dritte Alternative, die Wahl einer Protestpartei. Dass nur wenige Protestwähler ihrer Protestpartei nachhaltige Problemlösungskompetenz zutrauen, zeigen schon die extrem schwankenden Wahlerfolge dieser Parteien. Die meisten Wähler von Protestparteien wollen den etablierten Parteien einen Denkzettel verpassen. Sie verschaffen sich damit emotionale Erleichterung, aber sie machen die reale Politik damit nicht besser. Stimmen für inkompetente Protestparteien können sogar erheblichen politischen Schaden anrichten, wenn diese zu Mehrheitsbeschaffern für normale Parteien werden und damit an die Machthebel der Politik gelangen.

Hieraus ergibt sich zwingend, dass die Parteien-Skeptiker als absehbare politische Mehrheit dringend neuer Formen politischer Willensbekundung bedürfen. Skeptiker und Enttäuschte müssen ihre Skepsis und ihre Enttäuschung zumindest unmissverständlich und öffentlichkeitswirksam artikulieren können. Sie müssen es auf gleiche Weise tun können, wie die Anhänger von Parteien, die Noch-nicht-Enttäuschten also, es mit der Stimmabgabe für ihre Partei tun.
(S. hierzu Forderung: Proteststimme auf dieser Website).

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