Verfassungsentwicklung – der Einstieg
(Anm.: Ein bestehender Staat, für den eine neue (neokratische) Verfassung zu entwickeln ist, wird hier kurz als Alt-Staat bezeichnet; ein Staat, der schon einen Verfassungsentwicklungsprozess auf den Weg gebracht hat, dementsprechend als Neu-Staat.)
Verfassungsentwicklung, auch neokratische, sollte an bestehende Verfassungen und Staatsordnungen anknüpfen. Dies schon deswegen, weil das politische Bewusstsein der Bürger sich gerade in Sachen Staatsordnung vom Gewohnten nur schrittweise löst.
Zur gewohnten Staatsordnung gehören auch die gewohnten Staatsgrenzen. Eine modifizierte Verfassung sollte sich daher, wie große der Wunsch nach Staatsgrenzenkorrekturen mancherorts auch sein mag, vorerst auf ein Staatsgebiet mit seinen bestehenden Grenzen beziehen.
Die Verfassungsentwicklung, die aus einem Alt-Staat einen Neu-Staat macht, könnte von einem zivilgesellschaftlich organisierten informellen Verfassungsrat konzeptionell vorbereitet werden (s. Rubrik Informeller Verfassungsrat). Hierfür will diese Website konkrete Vorarbeit leisten.
Damit ein Alt-Staat später seine Staatsordnung kontinuierlich weiterentwickeln kann, wird irgendwann ein formeller Verfassungsrat bzw. Verfassungskongress einzurichten sein. Dies muss eine politisch unabhängige, dauerhaft tätige Instanz sein, die nur für Verfassungsentwicklung zuständig ist. Dieser formelle Verfassungsrat muss also ein Permanenter Verfassungsrat sein.
Ein förmlicher Permanenter Verfassungsrat muss spätestens dann gebildet werden, wenn – ggf. durch zivilgesellschaftliche Organisationen – nachgewiesen ist, dass die bestehende Verfassung nicht mehr von einer hinreichend großen Mehrheit der Bürger getragen wird. Wenn dies eintritt, muss für einen Permanenten Verfassungsrat ein fundiertes organisatorisches Konzept vorliegen. Dieses Konzept wäre idealerweise in den Erstentwurf einer systemoffenen Verfassung eingearbeitet. Dann könnte mit der Wahl des ersten formellen Verfassungsrats auch schon über eine Urfassung der systemoffenen Verfassung abgestimmt werden.
Die Urfassung der systemoffenen Verfassung muss – neben den Organisationsnormen für den Verfassungsrat – zeitgemäße und wegweisende Verfassungsgrundsätze und Grundrechtsnormen enthalten. Nur so kann sie zur Keimzelle werden, aus der schrittweise ein immer höher entwickeltes neokratisches Staatswesen hervorgeht.
In diesem Prozess kann die Verfassung des Alt-Staates insoweit weiter gelten, wie die wachsende neokratische Verfassung ihr (noch) nicht widerspricht.