Wirtschaft

Kurzeinführung Wirtschaft

Gibt es zu den großen Fragen der Wirtschaftspolitik noch wirklich brisante Kontroversen? Oder sind die Grundsatzdebatten vergangener Jahrzehnte und Jahrhunderte weitgehend abgeschlossen?
Wie die Wirtschaft am besten zu organisieren ist, wird in der Tat kaum noch kontrovers diskutiert. Man weiß, dass die Wirtschaft zu kompliziert geworden ist, um sie von Staats wegen lenken zu können, und man weiß auch, dass Wettbewerb vonnöten ist, um sie effizient zu machen. Die Systemfrage ist zugunsten des Privateigentums an Produktionsmitteln und damit der kapitalistischen Marktwirtschaft geklärt. Der Staat hat nur einzugreifen, wo so genanntes Marktversagen droht. Oder genauer: wo die Alternative zum Marktversagen nicht ein noch schlimmeres Staatsversagen wäre.

Auch in einer effizient organisierten Wirtschaft kann es natürlich konjunkturelle Krisen geben, und die Prävention und Eindämmung solcher Krisen ist Aufgabe staatlicher Instanzen. Insofern resultieren solche Krisen immer auch aus wirtschaftspolitischen, insbesondere geld- und fiskalpolitischen Versäumnissen. Sie zeigen, dass die hierfür zuständigen staatlichen Instanzen nicht hinreichend kompetent sind.
Wirtschaftspolitische Grundsatzdebatten sollten sich daher auf die Frage fokussieren, ob und wie kompetentere wirtschaftspolitische Instanzen geschaffen werden könnten als die bisherigen.
Auch auf diese Frage gibt das Neokratiekonzept konkrete Antworten. Dazu gehören Vorschläge zur Schaffung eines unabhängigen "Fiskalrates" (zuerst in Die Katastrophen der Demokratie, 1991), neue Autonomiekonzepte für Zentralbanken und Konzepte für eine neue Rollenverteilung zwischen Geld- und Fiskalpolitik (s. Eine neue Logik der Geldpolitik (2020) bzw. Towards the Next Revolution in Central Banking (2021)).

Wenn die Instanzen der Geldpolitik und der Fiskalpolitik zeitgemäßer gestaltet würden, müssten natürlich auch die Regeln dieser Politikbereiche zeitgemäßer gefasst werden. Bisherige Theorien bieten hierfür nur diffuse Orientierung. Daher muss in diesen Politikbereichen immer wieder intuitiv statt rational entschieden werden.
Ein Lösungsvorschlag hierfür wird in der hiesigen Rubrik Geld- und Konjunkturpolitik vorgestellt. Dort wird – neben einem neuen institutionellen Design – für eine neuartige Regelbindung der Geld- und Fiskalpolitik plädiert. Dabei werden auch Konzepte für eine neuartige Koordinierung und Aufgabenteilung zwischen Geld- und Fiskalpolitik vorgestellt.

Selbst wenn bestmöglich für eine stetige, krisenarme Wirtschaftsentwicklung gesorgt
wäre, wären damit natürlich nicht alle wirtschaftspolitischen Kontroversen beigelegt.
Kontroversen entstehen u.a. daraus, dass mit den Zielen von Stabilität und Wachstum nicht automatisch auch das Ziel einer hohen Beschäftigung erreicht wird. Erläuterungen hierzu gibt die hiesige Rubrik • Beschäftigungspolitik.

Ein weiterer, wirtschaftspolitisch fast allgegenwärtiger Zielkonflikt besteht darin, dass hohe Staatsausgaben sich immer auch negativ auf Wachstum und Beschäftigung auswirken können. Der Staat muss stets in die Kassen der Unternehmen und in die Taschen der Bürger greifen, um u.a. für innere Sicherheit, Frieden, allgemeine Bildung und – am weitaus kostspieligsten – für soziale Sicherheit und Gerechtigkeit zu sorgen. Die damit verbundene finanzielle Belastung kann z.B. die internationale Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beeinträchtigen und damit zulasten von Beschäftigung und Wachstum gehen. In der Wirtschaftspolitik muss daher immer wieder eine Balance zwischen solidarischer Umverteilung und dem Wachstums- und Beschäftigungsziel gesucht und gefunden werden.
Vorschläge zu einer solidarischen Umverteilung, die diese Balance wahren hilft, finden sich hier im Themenbereich Sozialstaat (Stichwort Bürgergeld).

In den hiesigen Rubriken Staatsfinanzen und Steuersystem wird darüber hinaus ein alternatives ("neokratisches") Finanz- und Steuersystem vorgestellt, in dem die wichtigsten Ziele der Wirtschaftspolitik leichter erfüllbar und zudem leichter mit anderweitigen Zielen vereinbar wären als in herkömmlichen Systemen.

Die Rubrik Wirtschaftstheorie schließlich verweist auf einige allgemeine theoretische Abhandlungen. Auf den darin entwickelten Theorieelementen baut ein Großteil der im Reformforum vorgestellten wirtschafts- und sozialpolitischen Konzepte auf.