• Beschäftigungspolitik
Konjunktureller Arbeitslosigkeit kann eine konsequente Stabilitätspolitik der Zentralbank vorbeugen. Dies gilt zumindest dann, wenn die Politik der Zentralbank nicht von einer inkonsequenten Fiskalpolitik konterkariert wird. S. hierzu auch den die Rubrik Geld- und Konjunkturpolitik.
Strukturelle Arbeitslosigkeit ist ein eigenständiges Problem. Zu deren gravierendsten Ursachen gehören marktwidrige Lohnstrukturen. Marktkonformere Löhne könnten daher strukturelle Arbeitslosigkeit verringern, sie wären aber für viele zu niedrig, um davon leben zu können. Betroffene Arbeitskräfte verharren daher großenteils in subventionierter Arbeitslosigkeit.
Je mehr sich dieses Phänomen ausbreitet, desto eher bietet sich zur Problemlösung ein sog. Bürgergeldsystem an. Dabei wird allen Bürgern ein gleich hohes Bürgergeld ausgezahlt. Dieses schließt dann die Lücke zwischen zu niedrigem marktkonformem Lohn und einem auskömmlichem Mindesteinkommen. S. hierzu auch die Kurzeinführung Arbeitsmarkttheorie.
Zu diesem Konzept s. auch Is Democracy Fit for Basic Income? Toward a Hybrid Income Guarantee for Future Generations.
Thesen zum Arbeitsmarkt
- Wirtschaftspolitik sollte immer auch Beschäftigungspolitik sein. Sie soll dazu beitragen, dass alle Arbeitskräfte eine faire Chance auf zumutbare und sinnstiftende Arbeit haben. Zudem sollten alle Arbeitskräfte von der Summe ihrer Einkünfte einen angemessenen Lebensunterhalt bestreiten können.
- Wenn dies erreicht ist, herrscht Vollbeschäftigung im bestmöglichen Sinn. Eine solche Vollbeschäftigung schließt natürlich punktuelle Arbeitslosigkeit nicht aus, die beispielsweise durch Unternehmensinsolvenzen, Branchenkrisen oder Umbrüche individueller Arbeitsbiographien entsteht.
- Um Vollbeschäftigung in diesem Sinne zu sichern, muss Wirtschaftspolitik erst einmal für gesamtwirtschaftliche Stabilität sorgen. Damit beugt sie zugleich Fehlentwicklungen des Wechselkurses und des gesamtwirtschaftlichen Lohnniveaus vor, die ihrerseits erhöhte Arbeitslosigkeit zur Folge haben können. (Zum Konzept einer solchen Stabilitätspolitik s. den Themenbereich Geld- und Konjunkturpolitik.)
- Daneben sollte Beschäftigungspolitik dafür sorgen, dass die Beschäftigungsbereitschaft der Unternehmen nicht durch einseitige Verteilung wirtschaftlicher Risiken beeinträchtigt wird. (Diesen Bereich der Beschäftigungspolitik habe ich als "präventive Risikopolitik" bezeichnet. S. hierzu auch "Der Arbeitsmarkt im Sozialstaat" (1991/2001) in "Bücher zum Download" und vor allem "Der Neue Sozialstaat" (1992/1997) im Gesamtkatalog.)
- Dass eine konsequente Stabilitätspolitik und auch eine ausgewogene Verteilung wirtschaftlicher Risiken die Beschäftigung sichern helfen, sollte unstreitig sein. Zur Sicherung von Vollbeschäftigung bedarf es darüber hinaus aber einer (von mir so genannten) präventiven Arbeitsmarktpolitik. Diese soll zur Herausbildung marktkonformer Lohnstrukturen beitragen, bei denen das Arbeitskräftepotenzial bestmöglich ausgeschöpft wird.
- Eine solche marktkonforme, an den individuellen Wertschöpfungsbeiträgen orientierte Lohnstruktur führt tendenziell zu einer erhöhten Lohnungleichheit. Sie stößt daher bei Arbeitskräften und deren Interessenvertretern auf verständlichen spontanen Widerstand. Es wird ein Gleichbehandlungsanspruch geltend gemacht, der das bei marktkonformen Lohnstrukturen entstehende Ausmaß an Ungleichheit ablehnt. Insoweit dieser Gleichbehandlungsanspruch sich durchsetzt, können sich keine marktkonformen Lohnstrukturen bilden. Bei solchen marktkonformen Lohnstrukturen aber können nicht alle Arbeitskräfte rentabel beschäftigt werden. Das Vollbeschäftigungsziel wird daher verfehlt.
- Die große Ungleichheit marktkonformer Löhne ist immer auch ein Politikum. Die Politik steht daher vor der Wahl, diese Widerstände zu unterstützen oder aber die Marktkräfte walten zu lassen. Dies ist letztlich die Wahl zwischen hoher Arbeitslosigkeit bei nivellierter Lohnstruktur und geringerer Arbeitslosigkeit bei mehr Ungleichheit.
- Die Unternehmen haben zunehmend wirksamere Methoden entwickelt, um sich der Widerstände gegen marktkonforme Lohnstrukturen zu erwehren. Dazu gehört das Outsourcing von Tätigkeiten, deren marktkonforme Entlohnung intern nur gegen kostspielige Widerstände durchsetzbar wäre.
Diese Anpassung hat gesamtwirtschaftlich die Ungleichheit der Löhne erhöht, zugleich aber die Arbeitslosigkeit verringert.
- Ein mögliches Mittel, um die Widerstände gegen vollbeschäftigungssichernde Lohnstrukturen zu einzuhegen, ist die Einführung eines pauschalen, für alle Bürger gleich hohen Bürgergeldes. Dies könnte auch bei niedrigem Lohn ein auskömmliches Gesamteinkommen gewährleisten.
Weiteres zur Lohnstrukturproblematik hier in der Kurzeinführung Arbeitsmarkttheorie.
Zur Erläuterung obiger Begriffe wie Risikopolitik, Gleichbehandlungsanspruch u.a. s. auch das Glossar in neopolis.info.
Bücher
Zur Bücherliste Arbeitsmarkt/Beschäftigungspolitik s.den Gesamtkatalog Wirtschaft.
Hier besonders relevant:
Der Neue Sozialstaat
Entwurf einer neuen Wirtschafts- und Sozialordnung (Arbeitsmarkt und Sozialstaat, Band 3), 2., vollständig neubearbeitete Auflage, Opladen 1997
Bücher und Buchanhänge zum Download
- Der Arbeitsmarkt im Sozialstaat. Eine Funktionsanalyse
- Arbeitslosigkeit im Sozialstaat
- Anhang zu: Der Arbeitsmarkt im Sozialstaat
- Anhang zu: Arbeitslosigkeit im Sozialstaat
Essays und Artikel
- Die Logik des Arbeitsmarktes
- Die Logik des Arbeitsmarktes (2)
- Finanzmarktkrise und die Logik des Arbeitsmarktes
- Lebenserwartung und Lebensarbeitszeit
- Bürgergeld und Neokratie
- Wenn Risiken zu groß werden. Risikoprämie, Produktionsvolumen und Beschäftigung
- Arbeit für alle? Zwischen Vollbeschäftigung und Arbeitszwang